Hauterkrankungen stellen die größte Gruppe aller berufsbedingten Erkrankungen dar. Wie die Europäische Union berichtet, haben sie bei den 15- bis 25-Jährigen einen Anteil von 90% aller Berufskrankheiten-Anzeigen. Die bundesweite „Aktionswoche Haut&Job“ vom 5. bis 9. Dezember zeigt Wege auf, wie es erst gar nicht dazu kommen muss.
„Warten Sie nicht ab, bis Ihre Haut so faul ist, dass sich die Fliegen darauf setzen!“, mit deutlichen Worten forderte Prof. Swen Malte John, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Berufsdermatologie, dazu auf, schon bei den ersten Anzeichen einer berufsbedingten Hauterkrankung den Hautarzt seines Vertrauens aufzusuchen. Die Devise lautet: „Wer früh hilft, hilft doppelt!“ – dies gelte natürlich auch reflexiv, so John schmunzelnd: „Wer sich früh helfen lässt, dem wird doppelt geholfen.“
Trotz aller Aufklärung gehen die Betroffenen immer noch viel zu spät zum Arzt, weiß auch Andreas Winkler von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). „Betroffene brauchen fünf bis sieben Jahre, bis sie sich mit ihren berufsbedingten Hauterkrankungen bei uns melden“, berichtete der Leiter des Schulungs- und Beratungszentrums der BGW Dresden im Frühjahr bei einer Fachtagung. Das oberste Ziel der BG sei es, Betroffene mit den modernen Möglichkeiten, die dafür geschaffen wurden, möglichst im Beruf zu halten. Daher sei es so eminent wichtig, dass Menschen mit beruflich verursachten Hautproblemen möglichst früh den Hautarzt aufsuchen, so Winkler.
Viele schreckten aber aus Angst um den Job vor diesem Schritt zurück. Zudem käme in einigen Branchen der fatale Hang zur Bagatellisierung, sagt Winkler. „Bei den Friseuren heißt es oft ‚alle Friseure haben raue Hände, das ist nun einmal so.'“
Dabei ist die Hautkrankheit in den meisten Fällen kein Grund dafür, den Beruf aufgeben zu müssen, berichtet der in Münster niedergelassene Hautarzt Prof. Wolfgang Wehrmann von seinen langjährigen praktischen Erfahrungen als Allergologe und Berufsdermatologe. Zwar räumt Wehrmann ein: „Es gibt Krankheitsbilder, da weiß ich beim ersten Blick, der Patient darf nie wieder mit dem Allergen in Berührung kommen. In diesem Fall führt kein Weg an der ärztlichen Anzeige über eine Berufskrankheit vorbei.“ Diese Fälle seien aber sehr selten.
Meist läßt sich nach Wehrmanns Erfahrung mit dem Hautarztverfahren und begleitenden kostenlosen Schulungen zum Hautschutz erreichen, dass der Betroffene seinen Job weiter beschwerdefrei ausüben kann. Dies gelte im Besonderen für die häufigste Form der berufsbedingten Hauterkrankung, dem chronischen Handekzem.
Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, etwa bei Zeitarbeitsfirmen oder geringfügig Beschäftigten, deren Angst vor Kündigung nicht ganz grundlos sei, rät Wehrmann: „Sprechen Sie Ihren Hautarzt offen auf Ihre Arbeitssituation und Ihre Angst an!“ Dann könne gemeinsam mit der zuständigen BG nach einer Lösung gesucht werden. Schließlich biete das Hautarztverfahren die einzige Möglichkeit, kostenlos Hautschutzpräparate zur Verfügung gestellt zu bekommen, sofern der Arbeitgeber nicht selbst dafür Sorge trägt.
Auch Prof. Swen Malte John lobt das Hautarztverfahren, eine in Deutschland einmalige Kooperationsform zwischen den Berufsgenossenschaften und den Dermatologen. Für den Patienten biete die Behandlung auf Kosten der Unfallversicherung den Vorteil, dass im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung keinerlei Zuzahlungen anfallen, also weder Praxisgebühr noch die Rezeptgebühren.
Und noch einen Vorteil sieht John: Der Leistungsanspruch gegen die BG endet nicht mit dem Renteneintritt. Dies sei vor allem bei einigen Formen des Hautkrebses von größter Bedeutung, weiß John. Der helle Hautkrebs, der kurz vor der Anerkennung als Berufskrankheit steht, etwa braucht sehr lange, um sich zu entwickeln.
„Wenn Sie ein Leben lang bei der Arbeit in der Sonne gebrutzelt haben und dann im Alter Hautkrebs bekommen, sollten Sie ihren Hautarzt unbedingt über ihr früheres Berufsleben informieren, damit er die entsprechenden Schritte einleiten kann“, rät John den Betroffenen.
„Mit den uns heute zur Verfügung stehenden modernen Möglichkeiten gelingt es, dass Menschen mit empfindlicher Haut auch in hautbelastenden Berufen tätig sein können“, verdeutlicht John. Nur müssten diese Möglichkeiten auch konsequent, auch in kleineren Betrieben, umgesetzt werden. Damit es erst gar nicht zu Hautschäden kommt, gilt es, im Arbeitsalltag die entsprechenden Präventions-Maßnahmen zu beachten. Dies gilt besonders für Menschen, die Umgang mit Chemikalien, besonders Säuren oder Laugen, haben oder viel mit Wasser arbeiten oder sich häufig die Hände waschen müssen. Zwar kann sich die Haut bis zu einem gewissen Grad aus eigener Kraft gegen schädigende Einflüsse wehren. Trotzdem sollte die natürliche Schutzfunktion der Haut unterstützt werden, gerade dann, wenn die Haut täglich belastet wird.
Dabei helfen oft schon einfache Mittel. Spezielle Hautschutzmittel in Form Salben, Cremes oder Gels können das schnelle Eindringen von schädigenden Stoffen in die Haut verhindern. Bei der Reinigung der Haut sollte darauf geachtet werden, möglichst hautschonende Reinigungsmittel zu benutzen. Nach der Arbeit sollte auf regelmäßige Hautpflege geachtet werden, Schutzmaßnahmen gelten natürlich auch für die Hausarbeit. Eine ganz wichtige Maßnahme zum Schutz der Haut ist das Tragen von Handschuhen. Dabei hängt es von der Art der Tätigkeit ab, welcher Handschuh geeignet ist – lassen Sie sich durch qualifiziertes Fachpersonal beraten!
Für Menschen, die viel im Freien arbeiten, gilt besonders: schützen Sie sich vor Sonnenbrand! Den besten Schutz bietet eine großflächige, aber luftige und UV-dichte Kleidung – stundenlanges Arbeiten mit nacktem Oberkörper in der prallen Sonne ist out! Denn inzwischen gilt es als erwiesen, dass die UV-Strahlung der Sonne eine der wichtigsten Ursachen für Hautkrebs ist. Mehr zum Thema Hautschutz am Arbeitsplatz lesen Sie hier.
Wenn es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zu berufsbedingten Hauterkrankungen kommt, bieten die Berufsgenossenschaften in Zusammenarbeit mit den Hautärzten ein fein abgestimmtes Hilfsangebot an. Dabei gilt: Sollte es sich bei der Hauterkrankung um eine berufliche handeln, werden alle notwendigen Heilungskosten durch die BG bezahlt. Neben dem Hautarztverfahren bietet etwa die BGW eigene kostenlose Seminare und Schulungen zum Thema „Hautschutz“ und „Stressbewältigung“ an.
In den Seminaren der BGW wird die Haut und deren Schutz zum Thema gemacht. Das Ziel ist es, dass der Patient unbelastet und beschwerdefrei seinen Beruf weiter ausüben kann. In kleinen Gruppen von maximal zwölf Teilnehmern wird der Haut auf den Grund gegangen: Wie ist sie aufgebaut? Welche Aufgaben hat sie zu erfüllen? Welche Risikofaktoren führen zur Entstehung von Ekzemen oder Allergien? Die Teilnehmer werden über optimalen Hautschutz und Hautpflege informiert und für sie ein individuellen Hautschutzplan erstellt. Zudem werden mögliche Produkte getestet. Um nach dem Seminar nahtlos mit dem optimierten Hautschutz weiter arbeiten können, erfolgt eine Ausstattung mit den notwendigen Handschuhen, Cremes und Desinfektionsmitteln.
Die beteiligten Hautärztinnen nehmen sich viel Zeit, um weitere Therapiemöglichkeiten zu besprechen. Die Teilnehmer erfahren, wie sich Stresshormone auf körperliche Entzündungsvorgänge auswirken. Aber auch, wie Hautschutz und Hautpflege vor lauter Stress sträflich vernachlässigt werden. Daher werden mit jedem ganz konkrete Bewältigungsstrategien gegen den täglichen Stress erarbeitet.
Sollte eine Berufsbegleitende Behandlung nicht mehr ausreichen, kommen die BGen auch für sämtliche Kosten einer (teil)stationären Behandlung auf. Wenn es trotz aller Bemühungen dann doch dazu kommt, dass der Betroffene seinen Beruf aufgeben muss, hilft die BG dabei, einen neuen Job zu finden. Wenn die Weiterbeschäftigung im alten Betrieb an einem anderen Arbeitsplatz nicht möglich ist, dann finanziert die BG Umschulungsmaßnahmen in einen anderen Beruf und unterstützt den Betroffenen anschließend bei der Suche nach einem neuen Arbeitgeber. Bei der Auswahl des neuen Berufes wird sich gemeinsam an den Neigungen und Fähigkeiten jedes Einzelnen orientiert. Schließlich soll er den neuen Beruf noch viele Jahre zufrieden und überzeugt ausüben.
Quelle: BVDD
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