Unter den anerkannten Berufskrankheiten nehmen Hauterkrankungen den Spitzenrang ein. Gemeldet wurden zuletzt 23.596 Fälle. Die Dunkelziffer ist hoch. Aus Sorge um ihren Arbeitsplatz verdrängen viele Arbeitnehmer ihre Hautprobleme – und verschärfen so das Risiko, die beginnende Erkrankung nicht mehr rechtzeitig in den Griff zu bekommen.

„Wir wollen die Zahl der beruflich bedingten Hauterkrankungen deutlich verringern und den Hautschutz am Arbeitsplatz verbessern“, erläutert Prof. Swen Malte John, das Ziel der Kampagne. Der Osnabrücker Hochschullehrer ist Präsident der Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie in der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft und der Initiator der gemeinsamen Kampagne von Dermatologen, Berufsgenossenschaften und Unfallversicherungsträgern. Die bundesweite Aktion ist Teil einer gesamteuropäischen Initiative „healthy skin@work“ unter Federführung der Europäischen Akademie für Dermatologie und Venerologie (EADV), die von Deutschland ausgeht.

Im vergangenen Jahr sind die Meldungen beruflich bedingter Hauterkrankungen an die Unfallversicherung um rund 20% auf 23.596 gestiegen. Die Dunkelziffer liegt weit höher, vermuten Hautexperten und rechnen mit über 900.000 Betroffenen im Jahr allein in Deutschland. Die Angst vor Schwierigkeiten am Arbeitsplatz lassen Betroffene oft davor zurückschrecken, sich an einen Haut- oder Betriebsarzt zu wenden. Die meisten versuchen stillschweigend mit ihren Hautproblemen zurechtzukommen – solange bis es nicht mehr geht. Doch die Angst vor Arbeitslosigkeit oder Umschulung erweist sich vielfach als unbegründet. „Soweit darf und muss es nicht kommen“, so die Veranstalter der Aktionswoche „Haut&Job“.

Handekzeme zählen zu den häufigsten berufsbedingten Erkrankungen in Deutschland. Juckende Hände, gerötete und rissige Haut, allergische Reaktionen oder auch schwere UV-Schäden sind die äußerlich sichtbaren Zeichen für unzureichenden Hautschutz am Arbeitsplatz. Betroffen sind vor allem Arbeitnehmer, die viel Feuchtarbeit leisten (wie Pflegekräfte und Friseure) oder die mit hautreizenden Materialien zu tun haben, etwa mit Kühlschmierstoffen (Metaller) oder Zement und Epoxidharzen (Maurer). Hautausschläge an den Händen – sogenannte Handekzeme – sind die häufigsten berufsbedingten Erkrankungen.

Beim beruflichen Lichtschutz gibt es noch erheblichen Nachholbedarf. „Trotz des Wissens über zunehmende UV-B-Strahlung spielt er im beruflichen Umfeld bisher fast keine Rolle“, berichtet Dr. Michael Reusch, Präsident des Berufsverbands der Deutschen Dermatologen (BVDD). Bemühungen, Hautkrebs als Berufserkrankung von Freiluftbeschäftigten anerkennen zu lassen, befinden sich nach Informationen des BVDD auf der Zielgeraden, die Beratungen sind aber noch nicht abgeschlossen.

Heller Hautkrebs ist die häufigste Krebsart in Deutschland überhaupt. Seit Jahren wird eine stetige Zunahme beobachtet. Gefährdet sind vor allem Beschäftigte, die viel im Freien arbeiten und häufig der Sonne ausgesetzt sind wie Maurer, Straßenbauer, Dachdecker, Seeleute und Landwirte. „Hautkrebs, früh erkannt, ist heilbar und durch rechtzeitige Vorbeugung vermeidbar“, so Dr. Michael Reusch. UV-undurchlässige Kleidung, ein Hut und Lichtschutzcremes sollten daher zur Berufsausstattung gehören.

Eine Hauterkrankung kann auch durch ständige Feuchtraumarbeit entstehen. Das Wasser wäscht die schützenden Hautfette aus. Die natürliche Barriereschicht wird geschädigt und macht den Weg frei für Fremdstoffe. Die Haut wird anfällig für Entzündungen und Allergien.

„Bei allen Handekzemen, die länger als drei Monate trotz hautärztlicher Therapie andauern, ist eine allergologische Abklärung unerlässlich“, erläutert Prof. Dr. Vera Mahler von der Deutschen Kontaktallergie-Gruppe (DKG) in der DDG. Vom Hautarzt erfordert das oft detektivisches Recherchieren, um die auslösende Substanz zu finden. Wurde ein berufliches Kontaktallergen identifiziert, kann meist durch Austausch des Arbeitsstoffes das Problem gelöst werden.

„Schnelligkeit ist wichtig“, bekräftigt Prof. Swen M. John von der Universitätshautklinik Osnabrück aus Sicht der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG). „Aktuelle Untersuchungen zeigen, wenn nichts passiert, erfolgen Berufsaufgaben in den ersten acht bis 14 Monaten nach Auftreten der Hauterkrankung.“ Werden Hautprobleme am Arbeitsplatz hingegen umgehend erkannt und behandelt, seien die Heilungschancen hoch. Den Betroffenen stehe in Deutschland als einzigem Land in Europa ein modernes Maßnahmenpaket zur Verfügung.

Diagnostiziert der Hautarzt eine beruflich bedingte Hauterkrankung, übernimmt die Berufsgenossenschaft die Therapiekosten. Der betroffene Arbeitnehmer wird hautärztlich behandelt, wenn nötig auch stationär. Darüber hinaus kann er Hautschutzseminare in Anspruch nehmen.

„Studien zeigen, dass sogar 80 Prozent der Arbeitnehmer mit schweren Ekzemen in ihrem Beruf bleiben können, wenn sie frühzeitig Hilfe annehmen“, so John. Das frühzeitige Erkennen und Abwehren von Gefahren am Arbeitsplatz unterstützt die Gesundheit der Beschäftigten und zugleich auch betriebliche Interessen. Denn eine länger andauernde Arbeitsunfähigkeit kann für ein Unternehmen gravierende wirtschaftliche Folgen haben. Experten rechnen mit jährlich 1,5 Milliarden Euro Verlust in deutschen Betrieben aufgrund von hohem Krankenstand und Arbeitsausfällen durch Hauterkrankungen.

Quelle: BVDD