Das Pflichtenheft der Haut
Täglich harte Arbeit für die Haut
Sie lebt und atmet. Sie nimmt feine Reize wahr und hält zugleich großen Belastungen stand. Sie schützt vor allerlei Krankheitserregern und anderen Angriffen von außen, arbeitet im lebenswichtigen Stoffwechsel mit und fungiert als die beste Klimaanlage überhaupt. Obendrein ist sie der Spiegel der Seele und dazu faszinierend anzuschauen und zu berühren. Kurzum: Die Haut ist ein Meisterwerk, aber eines mit vielen Pflichten.
Aufgaben der Haut
Vor Angriffen schützen
Säure gegen Angreifer
Die Haut schützt den Körper vor höchst unterschiedlichen Eindringlingen wie unerwünschten Bakterien, Viren und Pilzen. Der Trick der Haut dabei: Sie produziert auf ihrer Oberfläche eine Schicht, die wie eine schwache Säure reagiert. Genau genommen stellt die Haut diese Schutzschicht nicht selbst her, sondern gibt sie bei befreundeten Bakterien in Auftrag. Diese gutartigen Kleinstlebewesen dürfen auf der Haut leben und bekommen dort ein wenig Schweiß, Talg und abgestoßene, verbrauchte Hautzellen. Davon ernähren sich die kleinen Dinger und verdauen diese Mischung aus Dank zu der schützenden Säure.
Die Temperatur regeln
Sensibler Körperkern in feindlicher Umwelt
Der Körperkern, also Herz, Hirn und die zentralen Organe, sind recht empfindlich: ihre Temperatur muß allzeit stabil bleiben. Die Welt draußen schert sich darum allerdings wenig: zwischen Sommer und Winter, Eismeer und Sahara variiert das Klima recht deutlich.
Also muß die Haut helfen: Sie reguliert den Feuchtigkeitsgrad des Körpers und sorgt für eine konstante Körpertemperatur im Inneren.
Haut als Klimaanlage
Sobald die Körpertemperatur 36 bis 37 Grad Celsius zu überschreiten droht, greift die Haut ein: Sie weitet die Blutgefäße ihres Adergeflechts und wird prompt stärker durchblutet. Mehr Blut in der Haut transportiert auch mehr Wärme an die Körperoberfläche, wo wiederum mehr Wärme an die Umwelt abfließt.
Schwitzen zum Kühlen
Muß der Körper noch mehr Wärme abführen, hilft ein Kunstgriff: Die Haut sondert mehr Schweiß ab. Der entzieht beim Verdunsten dem Körper kräftig Wärme, ganz so wie es die Regeln der Physik vorschreiben.
Energiesparen, wenn’s auffrischt
Wird es dagegen kühl, schaltet die Haut erst einmal auf Energiesparen: Sie drosselt ihre Durchblutung, so daß weniger Blut – und damit weniger Wärme in die Außenbezirke gelangt. Die Wärme bleibt dem Körperkern erhalten; weniger Energie fließt an die Umwelt ab. Als Nebenwirkung fühlen sich Haut und Extremitäten, speziell Hände und Füße, kalt an.
Heizen, wenn’s kalt wird
Sinkt die Temperatur weiter, versucht die Haut, mehr Energie zu sparen und heizt obendrein selbst: Beides soll die wohlbekannte Gänsehaut bewirken: Die kleinen Muskelchen an jeder Haarwurzel bekommen den Befehl, sich zusammenzuziehen. Dadurch stellen sich die Härchen der Körperbehaarung auf. Die vielen aufgerichteten Härchen hemmen den kühlenden Luftstrom rund um den Körper.
In grauer Vorzeit half dieses Aufplustern: Das Fell, und damit auch die isolierende Luftschicht darin, wurde dicker. Beim modernen Menschen bietet sich dagegen das eher klägliche Bild einer gerupften Gans. Deshalb rät der Doktor: Bei Gänsehaut das eigene „Fell“ unterstützen, zum Beispiel mit einem Pullover.
Heizen mit Haarmuskeln
Durch die Gänsehaut heizt die Haut aber auch selbst: Beim Zusammenziehen der Haarmuskeln entsteht Wärmeenergie. Ein Müskelchen allein bewirkt zwar nicht viel, aber alle miteinander bringen durchaus ein wenig Wärme zustande. Reicht die Wärmeproduktion der Haarmuskeln nicht aus, müssen die Muskeln des Bewegungsapparates mithelfen: Sie beginnen zu zittern, um durch diese Arbeit weitere Wärme zu erzeugen.
Die Feuchtigkeit regeln
Ähnlich sensibel wie mit der Temperatur verhält sich der Körperkern, Kopf und Innereien, auch gegenüber der Feuchtigkeit: zuviel oder zuwenig – beides brächte ihn um.
Heikel: Umgang mit Wasser
Am Ausscheiden von Flüssigkeit beteiligt sich auch die Haut mit ihrem Schweiß. Und damit der Organismus nicht zu viel Feuchtigkeit verliert, sondern Talgdrüsen auf der Hautoberfläche Fett ab. Dieses Fett breitet sich auf der Haut aus und sorgt dafür, daß weder zuviel Feuchtigkeit nach außen gelangt noch zuviel Wasser von außen eindringt. Funktionierte das überhaupt nicht, bedeutete ein Tag an der Luft oder ein Bad schon das Ende.
Den Salzgehalt steuern
Reich an Mineralstoffen: Schweiß
Zahlreiche Zellen des menschlichen Körpers benötigen nicht nur eine verläßliche Temperatur, sondern auch einen stabilen Salz- und Mineraliengehalt. Wieder eine Aufgabe für die Haut: Sie regelt nicht allein den Flüssigkeitshaushalt, sondern kontrolliert parallel die Konzentration von Salz und Mineralstoffen. Überschüssiges scheidet sie mit dem Schweiß aus, der deshalb salzig schmeckt.
Vor Sonnenlicht schützen
Erfrischt das Gemüt: Sonnenlicht
Ohne Sonnenlicht wäre kein Leben auf Erden; kein Plankton, keine Pflanzen, keine Tiere, keine Menschen. Außerdem tut Sonne auch der Seele so richtig gut.
Doch weil UV-Licht, ein Teil der Sonnenstrahlung, die Haut sehr belastet und sogar die Krebsgefahr erhöht, hat sie im Laufe der Zeit sehr wirkungsvolle Schutzvorkehrungen gegen das ultraviolette Licht (UV-Licht) entwickelt. Sie braucht jedoch ein bißchen Zeit, um den Schutz zu aktivieren.
Wie sich die Haut vor Sonne schützt:
Lichtschutz I: Hautreparatur
Die Haut repariert sich selbst: Schäden, die durch Sonnenstrahlung entstanden sind, vermag die Haut – in Grenzen – zu reparieren. Das funktioniert aber nur sehr langsam. Bei Bedarf intensivieren die Keimzellen der Haut ihre Reparaturfunktion; sofern sie nur Zeit haben, sich darauf einzustellen.
Lichtschutz II: starke Hornschicht
Dickes Fell gegen Strahlung: Sobald die Haut intensivere Sonnenstrahlung spürt, legt sie sich buchstäblich ein dickeres Fell zu: Sie läßt die Hornschicht, die äußerste Lage abgestorbener Hautzellen, ein wenig kräftiger wachsen. Denn eine stärkere Hornschicht filtert mehr Strahlung aus, weniger schädigendes Licht erreicht die lebenden Zellen darunter.
Lichtschutz III: Bräunung der Haut
Wasserfest und allergenfrei – Bräunung als Sonnenschutz: Am intensivsten schützt die natürliche Bräunung die Haut vor schädlichem Sonnenlicht: Im unteren Teil der Oberhaut leben Zellen, die bei Sonneneinstrahlung einen bräunlich bis schwarzen Farbstoff (Pigment) herstellen. Durch das kontinuierliche Wachsen der Hautzellen verteilt sich der Farbstoff bis in die Hornschicht – die Haut wird braun.
Die Pigmentierung schützt, indem sie die UV-Strahlung ausfiltert. Je intensiver die Bräune, desto kräftiger der Filter, desto weniger UV-Licht kann in die Haut eindringen. (Das ist aber kein Freibrief für gnadenloses Bräunen.)
Die Umwelt erkunden
Anfassen und angefaßt werden
Die Haut zu berühren, ist faszinierend schön und ausdrucksstark. Und die Haut selbst macht es erst möglich, diese Berührung zu spüren. Denn sie birgt Sinnesorgane für Wärme, Kälte, Schmerz und Juckreiz, für den Tastsinn und Vibration. Diese Sensoren vermitteln angenehme Gefühle und warnen vor Gefahren. Kommt man etwa mit der Hand einer Kerzenflamme zu nahe, leitet die Haut die Information „Wärme“ weiter. Wenn das noch nicht reicht, schickt sie „Schmerz“ hinterher. Flugs kommandiert dann das Gehirn: „Finger weg!“
Die Mitmenschen informieren
Wer wird denn gleich „aus der Haut fahren“?
Ob man will oder nicht: Für das Miteinander spielt die Haut eine bedeutsame Rolle. Beim ersten Blick, beim ersten Eindruck teilen Haut und Haar, Mimik und Blick in Sekundenbruchteilen – buchstäblich in einem Augenblick – vieles mit: Alter, Gesundheit und Pflege, und manchmal sogar ein wenig über das Befinden, die Seelenlage oder gar den Charakter.
Was die Haut noch alles offenbart, spiegelt sich im Wortschatz: „Rot vor Wut“, „leichenblaß“, „hektische Flecken“ und „Gänsehaut“. Wenn uns der Angstschweiß herunterläuft, haben wir kein besonders dickes Fell. Dies sind nicht nur Bilder und Methaphern, sondern vielmehr die sichtbaren Signale der Haut.